Patientenorientierung heißt Verantwortung übernehmen: 3 Fragen an Chefarzt Robert Schmidt

© Stephan Ziehen

In der Integrativen Medizin stehen Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt: Gesundheit ist ein interaktiver Prozess zwischen Patienten und verschiedenen Anbietern im Gesundheitswesen. Die damit verbundene Handlungskompetenz ermöglicht es den Patientinnen und Patienten mehr Selbstverantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen. Robert Schmidt, Beiratsmitglied der Initiative Gesunde Vielfalt und Chefarzt des Krankenhauses für Naturheilverfahren in München, beantwortet drei Fragen zu Stellenwert und Vorzügen der Patientenorientierung im Rahmen Integrativer Medizin.

1. Welchen Stellenwert nimmt der Patient / die Patientin in Ihrer Behandlung ein?

Der Patient steht im Mittelpunkt der Behandlung, d.h., es geht neben seiner Hauptbeschwerde darum, welche Begleitsymptome er zusätzlich aufweist, wie sein soziales Umfeld aussieht und ganz wichtig: welche Ressourcen er hat, die man fördern könnte. Dann geht es natürlich darum, den Patienten mitzunehmen, ihm Diagnosen mit verschiedenen Lösungswegen und all ihren Vor- und Nachteilen verständlich zu erklären. Das dient dazu, schließlich gemeinsam mit ihm eine Entscheidung zu treffen, für die Patient und Therapeut dann auch zusammen die Verantwortung tragen. Uns geht es zudem viel um die Gesunderhaltung, also die Salutogenese: Wir setzen schon an, bevor möglicherweise Krankheiten entstehen.

2. Welche Vorzüge hat diese Akzentuierung?

Studien haben gezeigt, dass der Outcome bei patientenzentriertem Vorgehen sehr viel besser ist, außerdem fühlt sich der Patient als Ganzes wahrgenommen und verstanden.
Er lernt seine Krankheit besser zu verstehen und was er vielleicht selbst dafür unternehmen kann, um wieder gesund zu werden. Er fühlt sich seinen Erkrankungen nicht hilflos ausgeliefert. Nicht zuletzt hat bei dieser Akzentuierung der Therapeut auch die Chance auf ein erfülltes und zufriedenstellendes Berufsleben, was in der heutigen Art von konventioneller Medizin leider viel zu oft verloren geht. Die Ärzte der konventionellen Medizin leiden selbst darunter, dass nur wenig Zeit für den Patienten zur Verfügung steht.

3. Warum sind Patientenorientierung und Integrative Medizin so eng miteinander verwoben?

Die Integrative Medizin verbindet konventionelle und komplementäre Medizin. In dem System, in dem sich die konventionelle Medizin heutzutage befindet, ist Patientenzuwendung und die damit verbundene gesamthafte Betrachtung kaum mehr vorgesehen. Die komplementäre Medizin lebt aber gerade von dieser Patientenzuwendung, also davon, den Menschen als Ganzes zu sehen, eventuell etwas präventiv tun zu können, individuelle Stärken zu fördern. Außerdem kann ich einen Menschen nur ganzheitlich behandeln, wenn ich ihn auch ganzheitlich wahrnehme.

Quellen

1 Lewin, S., Skea, Z., Entwistle, V. A., Zwarenstein, M., & Dick, J. (2001). Interventions for providers to promote a patient‐centred approach in clinical consultations. Cochrane database of systematic reviews, (4).

2 McMillan, S. S., Kendall, E., Sav, A., King, M. A., Whitty, J. A., Kelly, F., & Wheeler, A. J. (2013). Patient-centered approaches to health care: a systematic review of randomized controlled trials. Medical care research and review, 70(6), 567-596.

3 Rathert, C., Wyrwich, M. D., & Boren, S. A. (2013). Patient-centered care and outcomes: a systematic review of the literature. Medical Care Research and Review, 70(4), 351-379.

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